Kassiber | |||||
|
|||||
Tom Cooper Jeanette ist ein kleiner Ort in der Barataria Bay, westlich von New Orleans. Die Menschen leben vom Shrimpfang oder von Gelegenheitsarbeiten in der näheren Umgebung. Sie sind die "Sumpfratten", gelten als ungebildet und zurückgeblieben, ihre Chancen für einen sozialen Aufstieg sind gering. Das war auch schon so, bevor der Hurrikan Kathrina 2005 Häuser und Boote zerstörte, Menschen tötete und jede Hoffnung unter sich begrub. Doch dann kenterte 2010 die Ölplattform Deepwater Horizon und verseuchte das Bayou, für die Fischer des Ortes ihre Lebensgrundlage, für lange Zeit, und alles wurde noch schlimmer. Wes Trench und sein Vater versuchen alles, um trotz der immer geringeren Ausbeute aus ihren Fischzügen über die Runden zu kommen. Doch die Beziehung ist belastet, Wes' Mutter wurde von den Fluten mitgerissen, die Kathrina über das Land trieb, und Wes' Vater gibt sich die Schuld für ihren Tod, weil er eine rechtzeitige Flucht der Familie abgelehnt hatte. Er ist seitdem noch schweigsamer und aggressiver als er es zuvor schon gewesen ist. Die Zwillinge Victor und Reginald Toup betreiben auf einer abgelegenen Insel im Bayou eine Marihuanaplantage, die ihnen ein gutes Auskommen sichert. Doch Victor, der impulsivere der beiden, fürchtet die Entdeckung und ist gewillt, jeden mit allen Mitteln daran zu hindern. Einer, der als Entdecker in Frage käme, ist der einarmige Lindquist, der neben seiner Shrimpfischerei mit einem Metalldetektor die Inseln des Bayou erkundet. Er ist der Überzeugung, dass er eines Tages auf den legendären Schatz des Piraten Jean Lafitte stoßen wird, der im frühen 19. Jahrhundert dort seine Basis hatte. Die beiden Gelegenheitsarbeiter Cosgrove und Hanson lernen sich bei einer Umweltaktion kennen, bei der vom Öl verschmutzte Vögel gereinigt werden. Die Arbeit ist schlecht bezahlt und beide warten nur auf eine bessere Gelegenheit und geraten dabei auf die schiefe Bahn. Und dann ist da noch Grimes, der in der Gegend geboren wurde, dem es aber als einem der wenigen gelungen ist, dem Elend zu entkommen und außerhalb eine einigermaßen erfolgreiche Karriere zu starten. Als der Ölkonzern BP, dem Deepwater Horizon gehört hat, die Schadensersatzansprüche, die auf sie zurollen könnten, möglichst früh im Keim zu ersticken versucht, schicken sie Grimes in die Gegend, um den Menschen ein Angebot zu unterbreiten, für ein paar tausend Dollar Entschädigung einen Vertrag zu unterschreiben, mit dem sie auf alle weiteren Ansprüche verzichten. Vorerst ist Grimes das Bindeglied zwischen den genannten Personen, ihn begleiten wir, während sich parallel die Dinge zuspitzen. Wes erträgt die Schikanen seines Vaters nicht mehr und verlässt ihn. Stattdessen schließt er sich Lindquist an. Cosgrove und Hanson entdecken die Marihuanaplantage der Brüder Toup und plündern sie, um das dope in New Orleans an einen Dealer zu verkaufen. Die Toups halten Lindquist dafür verantwortlich und suchen ihn, der mit einem kleinen Kahn und einer Laterne nachts im Bayou nach dem Schatz sucht. Die Eskalation erfolgt zwangsläufig, einigen kostet sie das Leben. Ich habe die atmosphärisch dichte Beschreibung des Bayou und der Menschen, die dort in einer großen Resignation leben, mit Faszination gelesen, wobei mir gelegentlich aber der Gedanke kam, ob die Darstellung möglicherweise derart klischeehaft ist, dass sie eben unseren Erwartungen entspricht, letztlich kann ich das nicht beurteilen. Völlig überrascht wurde ich vom letzten Kapitel, das "Koda" überschrieben ist und zu einem unerwarteten happy end führt, das eigentlich durch nichts begründet ist. Vielleicht ist es aber auch nur ein Wunschtraum, den Wes sich erhofft, um weiter dort leben zu können. Der Autor Tom Cooper (*1974) war Hochschullehrer in Thibodeaux, als sich die Katastrophe auf der Ölplattform Deepwater Horizon ereignete. "Das zerstörte Leben des Wes Trench" (The Marauders) erschien 2015 als sein erster Roman, zuvor hatte er Kurzgeschichten veröffentlicht. 11. Dezember 2024 |
|||||
Gelesen : Weiteres : Impressum |