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Francois Emmanuel Der melancholische Mörder Francois Emmanuel
Der melancholische Mörder.
Aus dem Fran­zö­si­schen von Bernd Wilczek.
Verlag Antje Kunst­mann 2002, 208 Sei­ten
ISBN 3-88897-295-7

Leonard Gründ ist auf Ar­beits­su­che. Ei­ne Stel­len­an­zei­ge ver­hilft ihm zu ei­nem Job bei ei­ner De­tek­tei, wo er der Pri­vat­se­kre­tär des In­ha­bers wird. Die Ar­beit ist lang­wei­lig, ba­nal, er­scheint häu­fig völ­lig sinn­los. Aber er er­le­digt sei­ne Auf­trä­ge ge­wis­sen­haft, sein Chef ist zu­frie­den mit ihm. Und dann lebt in dem Haus noch He­le­na Law­son. Le­bens­lus­tig, un­durch­sich­tig, in wel­chem Ver­hält­nis steht sie zu Ana­tol Stu­kows­ki, dem In­ha­ber der De­tek­tei?

Helena flirtet mit Leonard, ver­führt ihn und Anatol er­teilt ihm den Auftrag, Abimael Green auf­zu­spü­ren, ver­mut­lich in ei­ner Ab­stei­ge, die sich Pa­ra­dise Loft nennt. Dort trifft Leo­nard auf ei­ne Grup­pe au­ßer­ge­wöhn­licher Menschen, die aus un­ter­schied­li­chen Grün­den in die­sem Asyl der Ver­lo­re­nen ge­lan­det sind. Nur Abi­mael Green ist an­der­wei­tig un­ter­wegs, ihn um­weht eine Au­ra des Ge­heim­nis­vol­len. Wa­rum soll Leonard ihm ei­ni­ge Trop­fen aus dem Fläsch­chen, das ihm Anatol mit­ge­ge­ben hat, in ein Getränk ge­ben und was pas­siert dann?

Schließlich begegnet Leonard Abi­mael, der sich in Be­glei­tung ei­ner jungen Indianerin be­fin­det und erkennbar der all­täg­li­chen Wirklichkeit ent­rückt ist. Er leidet unter Ge­dächt­nis­ver­lust, wie sich he­raus­stellt, und gemeinsam ma­chen sie sich Ge­dan­ken da­rüber, warum er offen­sicht­lich umgebracht wer­den soll. Gründ verschafft sich Zugang zu den Unterlagen in Stu­kows­kis Büro, um die Auf­trag­ge­ber des Mordes he­raus­zu­fin­den. Langsam kommt Licht ins Dunkel.

Am Ende der Geschichte gibt es einen Toten, wenn auch auf ei­ni­ger­ma­ßen un­ge­wöhn­li­che Wei­se.

Der Versuch, eine stringente Hand­lung nach­zu­er­zäh­len muss miss­lin­gen, denn das Ge­sche­hen mä­an­dert durch un­ge­zähl­te an­ge­deu­te­te Zi­ta­te aus Literatur, nicht nur des Kri­mi­gen­res, und Kul­tur­ge­schich­te mit Auswüchsen ins Bi­zar­re und Phan­tas­ti­sche. Es ist keine Dekonstruktion des Kri­mi­nal­ro­mans mit den ei­ge­nen Mitteln, es ist über­haupt kein Kri­mi­nal­ro­man, er tarnt sich nur als solcher. Bislang der un­ter­halt­sams­te und le­sens­wer­tes­te Text in diesem Jahr.

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6. Februar 2023

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