Kassiber | |||||
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Ellen Kuhn In neun Essays und einem Prolog gibt uns die Autorin Einblicke in ihre Art der reflektierten Wahrnehmung ihrer Umgebung und dem damit einhergehenden Prozess der Bewusstwerdung ihrer selbst. Ob es eine Eloge auf das Lesen am Beispiel der Lektüre von "Unendlicher Spaß" von David Foster Wallace ist oder die Auseinandersetzung mit dem eigenen Schmerz, ob es die Analyse der verschiedenen Formen des Stolzes ist oder ihre Gedanken über Obdachlosigkeit, allem gemeinsam ist das Prozesshafte von Wahrnehmung, Reflexion und Rückkopplung mit der sie umgebenden Realität. Ellen Kuhn hat eine Methodologie entwickelt, mit der sie Wahrgenommenes aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet, um es mit ihren gedanklichen und emotionalen Reaktionen korrespondieren zu lassen. Das geschieht mit einer Sensibilität und Offenheit, der man sich als Leser*in nicht entziehen kann. Dabei geht es nicht um exhibitionistische Selbstdarstellung, sondern immer um das Bestreben nach Erkenntnis in ihrer Vielschichtigkeit. Besonders beeindruckend wird das in dem Essay, in dem Ellen Kuhn ihr Verhältnis zur eigenen Menstruation und den damit verbundenen Erfahrungen schildert und sich weitergehend mit der evolutionären Bedeutung des Zyklus und seinen kulturellen, historischen und physiologischen Besonderheiten auseinandersetzt. So entsteht nebenbei, nein, aus methodologischen Gründen eine Art Kulturgeschichte der Menstruation. Es ist der umfangreichste Essay des Buches und (für mich) der faszinierendste. Die bewusste Auseinandersetzung mit der Umwelt und – in enger Korrespondenz damit – dem eigenen Selbst und sich dieses Vorgangs mit seinen Widersprüchen und Grenzen ebenfalls bewusst zu sein, scheint mir die Essenz dieser lesens- und bemerkenswerten Texte zu sein. Ellen Kuhn (*1986) lebt als digitale Nomadin – sie selbst bezeichnet sich lieber als Kosmopolitin und – nach Bruce Chatwin – horizontsüchtige Wanderin – mit ihrem Lebensgefährten an wechselnden Orten rund um den Erdball. Sie war Managerin in einem internationalen Unternehmen bevor sie sich dem Schreiben zuwandte. Darüber hinaus ist sie als Fotokünstlerin und Unternehmerin aktiv. → Website Ellen Kuhn 15. Juli 2024 |
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