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Maja Lunde: Die Geschichte der Bienen Maja Lunde
Die Geschichte der Bienen. Roman.
Aus dem Nor­we­gi­schen von Ursel Allenstein.
Btb 2018, 510 Seiten
ISBN 978-3-442-71741-5

Drei Ich-Erzähler in drei ver­schie­de­nen Län­dern und aus drei ver­schie­de­nen Zei­ten, ver­bun­den durch das Schick­sal der Ho­nig­bie­nen.

Die Handlung beginnt mit Tao, die sich im Jahr 2098 mit vie­len an­deren in Shi­rong, Si­chu­an, vor­wiegend in den Wip­feln von Obst­bäumen auf­hält, um die Blü­ten zu be­stäu­ben. In­sek­ten, die das in frü­he­ren Zei­ten er­ledigten, gibt es nicht mehr, sie sind dem über­mä­ßi­gen Ein­satz von Pes­ti­zi­den zum Op­fer ge­fal­len. Es war da­rauf­hin zu Hun­ger­ka­tas­tro­phen ge­kom­men. Kin­der ab 8 Jah­ren müs­sen ar­bei­ten.

Dann ein Schnitt zu William Savage, der mit Frau und Kin­dern im England des Jahres 1852 lebt. Er hat na­tur­wis­sen­schaft­li­che Am­bi­tio­nen, woll­te for­schen, muss­te aber, um sei­ne Fa­mi­lie er­näh­ren zu kön­nen, wider­willig ei­nen La­den be­trei­ben. Er fällt in eine tie­fe De­pres­sion.

Der nächste Hand­lungs­sprung führt uns zu George Savage, der mit Frau und Sohn in Ohio lebt. Es ist das Jahr 2007, Sohn Tom ist auf dem College, möch­te ger­ne schrei­ben, wäh­rend sein Va­ter den Imkerei­be­trieb ver­bes­sern und er­wei­tern will, um ihn ei­nes Ta­ges an den Sohn zu über­ge­ben. Die un­ter­schied­li­chen Vor­stel­lun­gen füh­ren zu Span­nun­gen zwi­schen Va­ter und Sohn.

Zwischen diesen drei Zeiten und Orten springt die Hand­lung in unregel­mäßigem Wech­sel, der Zu­sam­men­hang ist natür­lich die Bie­nen­zucht, die Öko­lo­gie, die Schick­sa­le der Men­schen, die da­mit ver­bun­den sind.

William hat nach Abschluss sei­nes Studiums als As­sis­tent des Natur­wissen­schaft­lers Pro­fes­sor Rahm ge­ar­bei­tet. Er hei­ra­tet Thilda, sie be­kom­men Kin­der, für Wil­liams Stu­dien bleibt kei­ne Zeit mehr. Er be­treibt ein Sa­men­ge­schäft, um sei­ne Fa­mi­lie zu er­näh­ren. Die be­steht in­zwi­schen aus 7 Töch­tern und ei­nem Sohn, Ed­mund. Auf ihm ruhen Wil­liams Hoff­nun­gen, er soll stu­dieren, etwas Bes­se­res wer­den. Durch eine Bemer­kung Edmunds reißt sich William aus seiner De­pres­sion und be­ginnt das Stu­dium der Bie­nen. Schon bald möch­te er die Bie­nen­stöcke, die zu sei­ner Zeit üblich sind, ver­bes­sern und macht ent­spre­chen­de Plä­ne. Doch nicht Edmund zeigt In­te­res­se an seinem For­schen, es ist Char­lotte, eine seiner Töch­ter, die ihn un­ter­stützt. Edmund ver­nach­lässigt die Schu­le, wirkt immer phleg­ma­tisch und un­aus­gesch­la­fen. Ist er krank? William ent­wickelt ein neu­ar­tiges Mo­dell eines Bienen­stocks, er­fährt je­doch bald, dass dieses Modell schon an­ders­wo kon­stru­iert wor­den ist und verliert jeden Antrieb. Zu­fällig be­ob­ach­tet er Ed­mund, der vor einem Wirtshaus eine junge Frau be­drängt. Dann legt ihm Charlotte eine neue Zeich­nung vor, die ei­ne re­vo­lu­tio­nä­re Neuerung in der Kon­struk­tion von Bie­nen­kör­ben be­deu­ten würde. Er nimmt Kon­takt zu einem Spe­zia­lis­ten auf, gibt die Pläne für seine eigenen aus und stellt ein Mo­dell einem größeren Publikum vor. Es wird ein Er­folg und William hofft, dass nicht nur sein Pro­fes­sor son­dern auch Edmund be­ein­druckt davon ist. Doch es dauert nicht lange bis er erneut erfährt, dass er bzw Charlotte nicht der/die Erste ge­we­sen ist, der/die dieses neue Kon­zept ent­wickelt hat, wieder wur­de an­ders­wo schon früher Ent­spre­chen­des ge­baut. Als er die Zeich­nun­gen ver­nich­ten will, begreift er, dass es die Zeich­nun­gen seiner Tochter sind, die sich nicht nur für seine be­ruf­li­chen Pläne in­te­res­siert hat, son­dern die ihn auch pflegt und sich um ihn küm­mert als er wieder in Le­thar­gie ver­sinkt. Der­weil hat sich Ed­mund aus dem Staub ge­macht, nach­dem ein von ihm ge­zeug­tes Kind von Williams Frau und sei­nen Töch­tern auf­ge­nom­men wor­den ist.

George versteht seinen Sohn nicht, versteht nicht dessen Stre­ben aus der Familie und der Imkerei heraus in ein an­de­res Le­ben, eine andere Welt. Seine Bemühungen, den Be­trieb zu erweitern, wer­den durch ein mysteriöses Bie­nen­ster­ben zu­nich­te ge­macht, dem er sich hart­nä­ckig zu wider­setzen sucht. Das Geld geht zur Neige, die Bank ver­wei­gert einen Kre­dit, wenn er nicht seine Arbeits­weise auf eine mo­der­nere Tech­nik um­stellt. Hin und wieder er­scheint Tom, hilft ihm bei der Arbeit, seine Gedanken sind aber auf der Universität, be­schäf­ti­gen sich mit seinen Plänen, in denen die Bienen keine Rol­le spie­len. Als sich schließ­lich George dem Wil­len der Bank beugt und sich maschinell ge­fer­tig­te Bienen­stöcke an­schafft, be­kommt er den Kredit und es keimt Hoffnung auf. Doch das Ster­ben der Bie­nenvöl­ker geht weiter. George re­flek­tiert die Geschichte sei­ner Fa­mi­lie. Er ist ein Nach­fahre von Char­lotte, die mit dem Kind Ed­munds und ihren Plänen für die neuen Bienen­stöcke in die USA über­ge­sie­delt ist, wo sie als Imkerin, Lehrerin und Schul­direk­torin ge­ar­bei­tet hat. George sieht keine Zukunft mehr, er zer­stört einen Bie­nen­stock und setzt sich dem wü­ten­den Angriff der Bienen aus, um sich von ihnen töten zu lassen. Da erscheint in Im­ker­mon­tur sein Sohn Tom, um zu blei­ben und das Werk sei­nes Va­ters fort­zu­füh­ren.

Tao ist mit ihrem Mann Kuan und dem kleinen Sohn Wei-Wen auf einem Ausflug in der nä­he­ren Umgebung, als Wei-Wen plötz­lich ver­schwun­den ist und kurze Zeit später be­wusst­los ge­fun­den wird. Man bringt ihn ein Kran­ken­haus und steht vor ei­nem Rät­sel. Er wird nach Peking verlegt, wo­hin ihm seine Mut­ter folgt nach­dem sie keine In­for­ma­tio­nen mehr über ihren Sohn be­kommt. Die Stadt ist her­un­ter­ge­kom­men, ganze Stadt­tei­le schei­nen un­be­wohnt, nur ver­ein­zelt leben dort noch Men­schen, die der Eva­ku­ie­rung ent­kom­men sind, die die Men­schen in Gebiete um­sie­deln sollte, in denen eine bessere Er­näh­rungs­la­ge herrscht. Tao kann Wei-Wen nicht finden, stößt aber auf eine Bibliothek, in der sie auch Bücher über Im­ke­rei findet. Auch das Buch "Der blinde Imker" eines Tom Savage, der darin die Folgen einer un­ö­ko­lo­gi­schen Land­wirt­schafts­nutzung be­schreibt und die Bedeutung der Bie­nen als Ga­rant für die Be­fruch­tung von Blüten und da­mit dem Wach­sen von Früch­ten. Zuviel Chemie auf den Äckern, zu trockene Som­mer als Folge des von Menschen ver­ur­sach­ten Kli­ma­wan­dels und der Aus­bruch einer Seu­che unter den Bienen hat zu Hungers­nöten geführt, die die Welt und das Le­ben grund­le­gend ver­ändert ha­ben. Es stellt sich heraus, dass Wei-Wen an ei­nem ana­phylak­ti­schen Schock durch einen Bie­nen­stich ge­stor­ben ist. Tao übergibt Xiara, der Vor­sit­zen­den des "Ko­mi­tees", das Buch, diese liest es und be­greift, dass die wie­der­ge­kehr­ten Bie­nen ge­schützt und ver­mehrt wer­den müs­sen. So ge­schieht es, und die Welt blüht wie­der auf.

Und der Leser / die Leserin hat be­grif­fen, dass ein gutes und be­rech­tig­tes Anliegen nicht reicht, um daraus gute Li­te­ra­tur zu ma­chen. Per­sonen und Hand­lung strot­zen vor Kli­schees, so­dass ich mehr­fach ver­sucht war, die Lek­türe ab­zu­bre­chen. Dass ich es nicht ge­tan habe, war ein Fehler.

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27. November 2020

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