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1980 erscheint in der Rixdorfer Verlagsanstalt in Berlin ein Nachdruck von Johann Mosts "Revolutionäre
Kriegswissenschaft". Beigefügt ist ein Nachwort [1] von Hans Magnus Enzensberger, in dem er Mosts Entwicklung vom
sozialdemokratischen Agitator [2] und Reichstagsabgeordneten zum Anarchisten beschreibt.
Mehrere Gefängnisaufenthalte und Vertreibungen ließen Most schließlich über London nach New York
emigrieren, wo 1885 das hier nachgedruckte Heft erschien. Es erlebte damals und später mehrere Auflagen.
Der Untertitel des dünnen Buches, "Ein Handbüchlein zur Anleitung
betreffend Gebrauchs und Herstellung von Nitro-Glycerin, Dynamit, Schießbaumwolle, Knallquecksilber, Bomben, Brandsätzen,
Giften u.s.w., u.s.w.", lässt ahnen, warum es in Berlin bis 1990 verboten war und im Rest der Republik auf dem Index
steht [3]. Allerdings erst seit 1995 und das ist mindestens so erstaunlich wie das
Handbüchlein selbst. Findet man dort doch Tipps und Anleitungen, über die jeder gegenwärtige Revolutionäre
Kriegswissenschaftler vermutlich eher in Heiterkeit ausbrechen würde als den Drang zur Nachahmung zu verspüren:
–Die beste Gestalt einer Bombe ist und bleibt die Kugelform...
–Wenn man einen Dolche glühend macht und in Oleanderblättersaft...
–Das beste aller Gifte ist Leichengift...
–Man stoße etwa 25 Stück dieser Körner ... zu feinem Mehl, backe dasselbe in einen Mandelkuchen oder in andere
Leckerplätzchen und traktire damit einen Spion, Denunzianten, Büttel oder sonstigen Schuft...
Es ist ganz offensichtlich, um was für ein allgemeingefährliches Machwerk es sich hier handeln muss. Um so erstaunlicher, dass
zahlreiche in- und ausländische Bibliotheken das Werk zur Verfügung stellen. Im Übrigen kann es jederzeit aus dem Internet als
pdf-Datei herunter geladen werden.
Man fragt sich, wer 1995 auf die Idee kam, dieses historische
Dokument der Bundesprüfstelle zur Indizierung vorzuschlagen und mit welchen
Argumenten dem dann entsprochen wurde.
Anmerkungen:
1. Der Text wurde wohl zu einem anderen Anlass geschrieben, vom Autor aber zur Veröffentlichung genehmigt.
2. Die Sozialdemokratie war zu seiner Zeit in Teilen wesentlich radikaler als wir uns das heute vorstellen können.
3. Laut "Zensurmuseum".
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26. August 2013
→ Anarchismus
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