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Jorge Semprun Netschajew kehrt zurück Jorge Semprun
Netschajew kehrt zurück.
Aus dem Fran­zö­si­schen von Eva Mol­den­hauer.
Rotbuch Verlag 1989, 348 Sei­ten
ISBN 3-88022-739-x

Sergei Gennadije­witsch Net­scha­jew (1847 - 1882) war ein rus­si­scher Re­vo­lu­tionär, der zum In­be­griff des brutalen und fa­na­ti­schen Ter­ro­ris­ten wurde. Er soll ein Mit­glied seiner Grup­pe, das er zum Ver­rä­ter er­klärt hatte, erschossen ha­ben. Der Plot in Sempruns Ro­man baut auf einer Spiegelung dieser Ereignisse auf.

Ende der 60er Jahre schließen sich 5 junge Leute der links­ra­di­ka­len Organisation "Gauche pro­létarienne" an, die ihnen aber bald zu lasch wird, sie grün­den die "Proletarische Avant­garde", die mit mi­li­tan­te­ren Methoden ihre Ziele ver­folgt. Daniel Laurencon, einem Gründungsmitglied mit dem nom de guerre Netschajew, genügt das nicht, er möchte den Schritt zum Terrorismus vollziehen, vor dem die anderen aber zu­rück­schre­cken. Um nicht selbst in die Ermittlungen der Polizei zu geraten, beschließen sie Netschajew umzubringen.

Er flieht, schließt sich in Süd­amerika einer Guerilla­or­ga­nisation an und wird getötet. Viele Jahre später meldet sich in Pa­ris ein ehemaliger Freund seines Vaters bei einem der frü­he­ren Mitkämpfer, die in­zwischen alle bürgerliche Kar­rie­ren ge­macht haben, und verabredet ein Tref­fen. Am Treffpunkt wird er umgebracht. Es meh­ren sich die Anzeichen, dass Netscha­jew nicht tot ist, sondern zurück gekehrt ist, um Ra­che zu neh­men.

Der Autor benutzt die Form ei­nes Kri­mi­nal­ro­mans, um eine kom­plexe Struktur von Zeit­ebe­nen und personellen Ver­knüp­fun­gen auf­zu­bauen, die bis in die Zeit des von deutschen Trup­pen besetzten Frankreichs zurück geht und im­mer wieder das Motiv des Verrats variiert. So­weit schön und gut. Wenn nur nicht die sich wie­der­ho­len­den Klischees und Machismen wären, die das Interesse an der Lektüre arg ge­schmä­lert haben.

Jorge Semprun (1923 - 2011) war ein spanischer Autor, der in der Résistance und gegen Fran­co gekämpft hat. Später wur­de er Kulturminister in Spa­nien.

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18. Dezember 2022

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