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Am 22. Juni 1941 überfällt – trotz eines 1939 abgeschlossenen Nichtangriffspakts – die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion. Am 23. Juni 1941 verlässt Iwan Denissowitsch Schuchow sein Zuhause, um in den Reihen der Roten Armee sein Land zu verteidigen. Im Februar 1942 gerät seine Einheit in deutsche Kriegsgefangenschaft, nach einigen Tagen gelingt ihm und einigen Kameraden jedoch die Flucht zurück zur eigenen Armee. Dort wird er des Landesverrats angeklagt und zu 10 Jahren Arbeitslager verurteilt [1]. Die Erzählung beschreibt einen Tag im Jahr 1951. Obwohl die längste Zeit seiner Inhaftierung vergangen ist, ist sich Iwan Denissowitsch keineswegs sicher, nach den 10 Jahren, zu denen er verurteilt worden ist, auch tatsächlich entlassen zu werden. Im Lager befinden sich zahlreiche Gefangene, deren Haftzeit längst abgegolten ist, die aber unter fadenscheinigen Begründungen weiter inhaftiert sind. Iwan Denissowitsch lebt zwischen der Routine des täglich gleichen Ablaufs des Geschehens, der Hoffnung auf kleinste Vergünstigungen, die er sich durch genaue Beobachtungen der Hierarchien und Personen verschafft, und den Ängsten vor den willkürlichen Schikanen der Aufseher oder Verletzungen während der Arbeit bei minus 40 Grad Celsius. "Wer ist der größte Feind des Häftlings? Der andere Häftling." [2] Dennoch bewahren sich Schuchow und einige anderen Häftlinge Momente der Solidarität und der Empathie. Bei der Austeilung der kargen Nahrung, bei Krankheiten, bei Problemen während der Arbeit, den gewalttätigen Aufsehern oder anderen Häftlingen gegenüber ergreifen sie Gelegenheiten, um sich zu unterstützen. Der Stil ist konventionell, im Kontrast etwa zu Primo Levi und Warlam Schalamow, bei denen das Erlebte sich unmittelbar in der nahezu kristallinen Form der Sprache ausdrückt. Solschenizyn befand sich zwischen 1945 und 1953 selbst in Lagerhaft unter ähnlichen Bedingungen, wie er sie in dem Text beschreibt. 1970 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. ---------------------------- 1. "Der Anklage zufolge saß Schuchow wegen Landesverrats. Er hatte das zugegeben und ausgesagt, daß er sich habe gefangen nehmen lassen, um sein Land zu verraten, und daß er aus der Gefangenschaft zurück gekehrt sei, um einen Auftrag des deutschen Geheimdienstes auszuführen. Welcher Art dieser Auftrag gewesen war, dahinter konnte weder Schuchow noch der Untersuchungsrichter kommen. So blieb es einfach bei einem Auftrag. Schuchows Überlegungen waren einfach: Unterschreibst du nicht, ist es dein Tod, unterschreibst du, dann lebst du noch ein paar Jährchen. Also unterschrieb er." S. 64 2. S. 115 ---------------------------- 24. Januar 2023 |
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