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Autoren Glossen Lyrik

Thomas Steinfeld Riff Tonspuren des Lebens Thomas Steinfeld
Riff. Ton­spu­ren des Le­bens.
dtv 2003, 272 Sei­ten
ISBN 3-423-30880-X

Popmusik ist all­ge­gen­wär­tig, kaum ein Le­bens­be­reich, in den sie nicht vor­ge­drun­gen ist. Ein Phä­no­men, das es vor­her in der Musik noch nicht gegeben hat. Tho­mas Stein­feld un­ter­sucht die Ent­wick­lung, die dazu geführt hat, er­grün­det die An­fän­ge und ihre my­zel­ar­ti­ge Aus­brei­tung und was das mit der Mu­sik und ih­rem Pu­bli­kum ge­macht hat.

Das 20. Jahrhundert schuf die technischen Vo­raus­set­zun­gen, oh­ne die der Er­folg der Pop­mu­sik nicht möglich ge­we­sen wä­re. Und doch ist ihr Er­folg auch ihr Nie­der­gang. Der schnel­le Kon­sum, die bei­läu­fi­ge Kennt­nis­nah­me und die ge­rin­ge Ver­weil­dau­er glei­chen den mit der Zeit ver­blas­sen­den Auf­nah­men einer Po­la­roid­ka­me­ra. Andy War­hol und seine Band The Vel­vet Un­der­ground sind reine Ober­flä­che wie die meis­ten er­folg­rei­chen Pop­songs auch. Glanz und Gla­mour er­set­zen Ori­gi­na­li­tät und die kul­tu­rel­le Wi­der­stän­dig­keit, die den An­fän­gen noch in­ne­wohn­te.

Thomas Steinfeld er­zählt in vier­und­zwan­zig Ka­pi­teln, wie Ele­men­te der Mu­sik, der Li­te­ra­tur und des Films zu neu­en kon­tex­tuel­len Ver­bin­dun­gen füh­ren. Doch die­se me­ta­me­dia­le Subs­tanz geht auf dem Weg zu Wer­be­kam­pagnen und Kauf­haus­be­schal­lung zu­neh­mend ver­lo­ren.

Mir hat die assoziative und un­ge­wöhn­li­che He­ran­ge­hens­wei­se des Au­tors sehr gefallen. Die Opfer des Er­folgs (wie etwa Ja­co Pas­to­rius oder Syd Bar­rett) klin­gen eben nicht aus den Juke­boxen, de­nen Pe­ter Handke in der spa­ni­schen Provinz nach­forscht. Und die Fas­zi­na­tion eines Hans Cas­torp, der dem Zau­ber ei­nes Plat­ten­spie­lers er­liegt, weicht dem Sen­der­such­lauf eines Au­to­ra­dios wäh­rend der nicht enden wol­len­den Fahrt Hum­bert Hum­berts mit seiner Lo­li­ta quer durch die USA.

Thomas Steinfeld ist ein deutscher Journalist, Li­te­ra­tur­kri­ti­ker, Über­set­zer und Schrift­stel­ler. Er stu­dier­te Ger­ma­nis­tik und Mu­sik­wis­sen­schaft. Nach sei­ner Promotion war er als Sprach­leh­rer in Schwe­den und Do­zent für deutsche Spra­che und Li­te­ra­tur an ka­na­di­schen Uni­ver­si­tä­ten tätig. Jour­na­lis­tisch ar­bei­te­te er als Re­dak­teur im Feuilleton der FAZ und der Süd­deut­schen Zei­tung.

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15. November 2023

Musik

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