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Robert Byron Der Weg nach Oxiana Robert Byron
Der Weg nach Oxiana.
Mit einem Vorwort von Bruce Chatwin.
Andere Bibliothek Band 237, Berlin 2014, 381 Sei­ten
ISBN 978-3-8477-2004-1

Oxiana ist nach dem Fluss be­nannt, der in der Antike Oxus hieß [1], das Gebiet um­fasst Teile Af­gha­nis­tans, Turk­me­nis­tans, Tad­schi­kis­tans und Us­be­kistans.

Byrons Reisetagebuch be­ginnt am 20. August 1933 in Venedig und endet am 8. Juli 1934 im Haus seiner Eltern in Sa­ver­nake. Dazwischen lie­gen 11 Monate einer aben­teuerlichen Reise mit ver­schie­denen Be­glei­tern und un­ter­schied­li­chen Fort­be­we­gungs­mit­teln. Unfälle, Un­wet­ter und verweigerte Visa zwin­gen Byron und seine Mit­rei­sen­den immer wieder zu un­frei­wil­li­gen Aufenthalten, mehr als einmal scheint ein Ab­bruch der Reise un­um­gäng­lich. Und tatsächlich sieht sich die Gruppe gezwungen noch vor Erreichen des nahe der Grenze zur Sowjetunion ge­le­ge­nen Oxiana um­zu­keh­ren, da die nö­ti­gen Ge­neh­mi­gun­gen ver­wei­gert werden.

Doch zuvor geht es über Pa­läs­ti­na, Syrien, den Irak nach Per­sien, wo Byron zahl­rei­che Mau­so­leen, Moscheen und an­de­re architektonisch in­te­res­san­te Ge­bäu­de aufsucht, ihre Be­son­der­hei­ten studiert und do­ku­men­tiert. Er un­ter­sucht die prachtvolle Or­na­men­tik auf Einflüsse aus an­de­ren Kul­tur­krei­sen und schil­dert die historischen Zu­sam­men­hänge.

Bürokratische Hindernisse ver­zö­gern vorerst die Wei­ter­reise nach Afghanistan, erst in der letz­ten Novemberwoche er­reicht er das Land. Doch der Au­fent­halt ist nur kurz, schon Mit­te Dezember ist er wieder in Per­sien, Differenzen in der Rei­se­grup­pe ließen ihn diesen Entschluss fassen. Es sollte Mai werden bis es ihm, in anderer Begleitung, gelingt, erneut die Grenze zu über­schrei­ten. Die Faszination ist groß, die Vielzahl der Ethnien und ihrer Gebräuche, die Spuren der wechselvollen ge­schicht­lichen Ereignisse, die sich in den Ruinen und Sakralbauten nieder­ge­schla­gen haben, all das begeistert ihn und steigert seine Er­war­tun­gen auf das Ziel der Reise. Umso größer dann die Ent­täuschung, als sich – trotz intensiver Bemühungen – he­raus­stellt, dass eine Wei­ter­reise nach Oxiana am Wi­der­stand und Unwillen der ört­lichen Machthaber scheitern muss.

Jedem Kapitel vorangestellt ist ei­ne Karte, die die je­wei­li­ge Rei­se­rou­te darstellt. Ein Vor­wort von Bruce Chatwin führt in die Bedeutung Robert Byrons als Wegbereiter der zeit­ge­nös­si­schen Reiseliteratur ein.

Robert Byron (1905 – 1941) be­saß ein immenses Wissen über die Architektur und Kunst­geschichte des Orients. Seine Be­schrei­bungen der Or­na­men­tik sind von einem sprach­li­chen Glanz, der dem Be­schrie­be­nen mehr als an­ge­messen ist. Zu den Men­schen, denen er auf seiner Reise begegnet, fallen ihm allerdings häufig die in seinen Kreisen verbreiteten Kli­schees ein, was den Genuss der Lektüre doch sehr min­dert. Byron ertrank während einer weiteren Reise nach Persien auf dem Atlantik, nachdem sein Schiff von einem deutschen U-Boot torpediert worden war. "The Road to Oxiana" erschien erstmals 1937 im Macmillan-Verlag und stellt eine be­ar­bei­tete Version seines Rei­se­ta­ge­buchs dar. 19 Fotografien in schwarz-weiß, auf­ge­nom­men von Robert Byron selbst, illustrieren einige der Hö­he­punk­te der Rei­se.

Annemarie Schwarzenbach reis­te übrigens ebenfalls 1933 Rich­tung Persien ab, wo sie im März 1934 ankam. Ihr Bericht über diese Reise – "Winter in Vor­der­asien" – ist im Projekt Gu­ten­berg nach­zu­lesen. Der Vergleich zwischen den beiden Sichtweisen auf Land und Leute dürfte sicher interessant sein.

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1. Sein heutiger Name lautet Amu­darya, er mündet in den Aral­see.

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8. März 2023

Reisen

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