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Ottmar Ette Alexander von Humboldt und die Globalisierung Ottmar Ette
Alexander von Hum­boldt und die Glo­ba­li­sie­rung.
Das Mobile des Wis­sens.
Suhrkamp Verlag 2019, 476 Sei­ten
ISBN 978-3-518-46976-7

Vor allem über die Rei­sen Hum­boldts und den da­bei er­folg­ten Un­ter­su­chun­gen und Er­kennt­nis­sen be­schreibt der Au­tor die Me­tho­dik, mit der Hum­boldt ihm als Vor­läu­fer und Weg­be­rei­ter ei­ner Glo­ba­li­sie­rung gilt, die be­reits vor ihm be­gon­nen hatte und seit­her immer ra­san­te­re Ent­wick­lun­gen nimmt. Die Be­wun­de­rung Hum­boldts für den Ent­de­cker Chris­toph Ko­lum­bus spielt da­bei ei­ne eben­so gro­ße Rolle wie sei­ne Po­si­tio­nie­rung in zeit­ge­nös­si­schen De­bat­ten ge­gen – um nur ein Bei­spiel zu nen­nen – Cor­ne­lius de Pauw, des­sen Schrift über Ame­ri­ka und die Ame­ri­ka­ner (de Pauw hat­te nie den ame­ri­ka­ni­schen Kon­ti­nent be­tre­ten) er im­mer wie­der kri­ti­schen Be­trach­tun­gen un­ter­zieht.

Humboldts Wirken ba­siert auf der Kom­ple­xi­tät sei­ner Welt­sicht, die aus Ver­gan­gen­heit und Ge­gen­wart, aus Ge­gen­sät­zen und Wi­der­sprü­chen ne­ue Mo­del­le ex­tra­po­liert, die für sei­ne Zeit zu­kunfts­wei­send ge­we­sen sind und noch heu­te nach­wir­ken und sich be­stä­ti­gen. Die Di­ver­si­tät der von Hum­boldt er­leb­ten Kul­tu­ren, die Viel­falt der Tier- und Pflan­zen­welt sind ihm Bau­stei­ne und Ver­bin­dungs­li­nien für ein Netz­werk, in dem alles mit al­lem korreliert und sich – direkt oder in­di­rekt – be­ein­flusst.

Dass Humboldt keines sei­ner ambitionierten Buch­pro­jek­te zu ei­nem Ab­schluss bringen konn­te, be­trach­tet Ette nicht als Man­gel, son­dern aus Aus­druck der Arbeitsweise Hum­boldts als nicht en­den­dem "work in progress".

Vehement und unter Be­zug­nah­me auf "Die Ver­mes­sung der Welt" von Daniel Kehl­mann, be­klagt Ette eine "Kehl­man­ni­sie­rung" Hum­boldts, die den For­scher und Wis­sen­schaft­ler als ei­ne Art Erb­sen­zäh­ler dar­stellt und damit ob­so­le­te Kli­schees über Ale­xan­der von Hum­boldt wie­der­be­lebt.

Eine faszinierende, aber auch etwas an­stren­gen­de Lek­tü­re, die einen über das immense Wis­sen des Au­tors um Werk und Per­son Ale­xan­der von Hum­boldts in Staunen ver­setzt. Eben­so um­fas­send er­schei­nen aber auch die Sei­ten­strän­ge, bei­spiels­wei­se der De­bat­ten, die zu Hum­boldts Zei­ten und da­nach ge­führt wurden und wer­den, und deren Teil­neh­mer. Der Ap­pa­rat zum Buch (An­mer­kun­gen, Bi­blio­gra­phie und Na­mens­re­gis­ter) um­fasst 67 Sei­ten.

Ottmar Ette, Professor für Romanische Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft und All­ge­mei­ne und Ver­glei­chen­de Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft an der Universität Pots­dam, gilt als aus­ge­spro­che­ner Ale­xan­der von Hum­boldt-Ex­per­te.


12. Juni 2024

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