Kassiber | |||||
|
|||||
Ottmar Ette Vor allem über die Reisen Humboldts und den dabei erfolgten Untersuchungen und Erkenntnissen beschreibt der Autor die Methodik, mit der Humboldt ihm als Vorläufer und Wegbereiter einer Globalisierung gilt, die bereits vor ihm begonnen hatte und seither immer rasantere Entwicklungen nimmt. Die Bewunderung Humboldts für den Entdecker Christoph Kolumbus spielt dabei eine ebenso große Rolle wie seine Positionierung in zeitgenössischen Debatten gegen – um nur ein Beispiel zu nennen – Cornelius de Pauw, dessen Schrift über Amerika und die Amerikaner (de Pauw hatte nie den amerikanischen Kontinent betreten) er immer wieder kritischen Betrachtungen unterzieht. Humboldts Wirken basiert auf der Komplexität seiner Weltsicht, die aus Vergangenheit und Gegenwart, aus Gegensätzen und Widersprüchen neue Modelle extrapoliert, die für seine Zeit zukunftsweisend gewesen sind und noch heute nachwirken und sich bestätigen. Die Diversität der von Humboldt erlebten Kulturen, die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt sind ihm Bausteine und Verbindungslinien für ein Netzwerk, in dem alles mit allem korreliert und sich – direkt oder indirekt – beeinflusst. Dass Humboldt keines seiner ambitionierten Buchprojekte zu einem Abschluss bringen konnte, betrachtet Ette nicht als Mangel, sondern aus Ausdruck der Arbeitsweise Humboldts als nicht endendem "work in progress". Vehement und unter Bezugnahme auf "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann, beklagt Ette eine "Kehlmannisierung" Humboldts, die den Forscher und Wissenschaftler als eine Art Erbsenzähler darstellt und damit obsolete Klischees über Alexander von Humboldt wiederbelebt. Eine faszinierende, aber auch etwas anstrengende Lektüre, die einen über das immense Wissen des Autors um Werk und Person Alexander von Humboldts in Staunen versetzt. Ebenso umfassend erscheinen aber auch die Seitenstränge, beispielsweise der Debatten, die zu Humboldts Zeiten und danach geführt wurden und werden, und deren Teilnehmer. Der Apparat zum Buch (Anmerkungen, Bibliographie und Namensregister) umfasst 67 Seiten. Ottmar Ette, Professor für Romanische Literaturwissenschaft und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Potsdam, gilt als ausgesprochener Alexander von Humboldt-Experte. 12. Juni 2024 → Reisen |
|||||
Gelesen : Weiteres : Impressum |