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Vinzenz Fettmilch (Fedtmilch) wurde zwischen 1565 und 1570 in Büdesheim geboren und 1593 in Frankfurt eingebürgert. Er verdiente seinen Lebensunterhalt als Lebkuchenbäcker. In den Jahren 1612 bis 1614 war er einer der aktivsten unter den Frankfurter Bürgern, die sich gegen die als Missstände empfundenen Zustände in der Stadt und gegen die Juden empörten. Er war führendes Mitglied des Bürgerausschusses, der mit den Patriziern und den kaiserlichen Emissären verhandelte und leitete den Mob während der Plünderung der Judengasse und der Vertreibung ihrer Bewohner. Nach der Verhängung der Reichsacht durch Kaiser Matthias gegen ihn und seine engsten Mitstreiter wurde er festgenommen und am 28. Februar 1616 auf dem Frankfurter Roßmarkt öffentlich hingerichtet. Dabei wurden ihm zwei Finger der Schwurhand abgetrennt, anschließend wurde er enthauptet und gevierteilt. Sein Kopf wurde mit den Köpfen von drei weiteren hingerichteten Anführern des Aufstands am Brückenturm der Alten Brücke aufgesteckt. Karasek beschreibt die ökonomische und politische Situation der Freien Reichsstadt Frankfurt zu Beginn des 17. Jahrhunderts und die Konflikte, die sich zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufgestaut hatten. Anlässlich der Krönung Kaiser Matthias' entbrannte ein Streit über die Privilegien, die den Frankfurter Bürgern zugesprochen worden waren, deren Inhalte ihnen aber von den mächtigen Patriziern, die den Rath dominierten, vorenthalten wurden. Doch die Bürger forderten mehr: die Errichtung eines Kornmarktes, die Herabsetzung der Zinsen und die Vertreibung eines großen Teils der ansässigen Juden, die als enge Verbündete der Patrizier angesehen wurden und bei denen viele Handwerker und Bürger verschuldet waren. Karasek interpretiert Fettmilch als Symbol des sozialen Protests gegen das städtische Patriziat und dessen wirtschaftliche Privilegien. Vetternwirtschaft, Korruption und die Ausgrenzung großer Bevölkerungsteile von politischer Teilhabe in Verbindung mit einer tradierten Judenfeindlichkeit ließen den Unmut eskalieren, bis der Aufstand 1614 durch das militärische Eingreifen des Kaisers und die Hinrichtung Fettmilchs und seiner Anhänger ein gewaltsames Ende fand. Karasek betrachtet den Frankfurter Fettmilch-Aufstand nicht nur als lokales Ereignis, sondern ebenso als Vorboten des wenig später beginnenden Dreißigjährigen Krieges. Die Untersuchung basiert auf einer Auswertung diverser historischer Quellen wie Stadtchroniken, Gerichtsakten und zeitgenössischen Flugschriften, unter anderem liefert der Autor eine ausführliche Schilderung der Geschichte der Juden in Frankfurt basierend auf den Studien Isidor Kracauers. → Horst Karasek: Das Haus an der Grenze → Horst Karasek: Haymarket! 1886: Die deutschen Anarchisten von Chicago 26. Mai 2025 |
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