Kassiber | |||||
|
|||||
Ulinka Rublack Johannes Kepler (1571 – 1630) war schon ein renommierter Astronom, als sich seine Mutter Katharina (1547 – 1622) mit einer Anschuldigung konfrontiert sah, die wenig später zu einer Anklage wegen Hexerei führen sollte. Eine Nachbarin warf ihr 1615 vor, ihr mit einem selbstgebrauten Getränk Schaden zugefügt zu haben, der sich in starken Schmerzen und Lähmungserscheinungen äußerte. Auch weitere Bürger Leonbergs wussten plötzlich von Schadensfällen zu berichten, die durch Katharina verursacht gewesen sein sollen. Tiere waren verendet, Menschen erkrankt, Unglück hatte sich ausgebreitet. Katharinas Sohn Christoph antwortete darauf mit einer Verleumdungsklage, die von dem zuständigen Vogt verschleppt wurde. Die Lage eskalierte, es kam zu einer Anklage wegen Hexerei. Katharina wurde vernommen, inhaftiert, ihr drohte die Folter. Inzwischen hatte sich Johannes Kepler, der zu der Zeit eine Anstellung als Mathematiklehrer in Linz inne hatte, eingeschaltet und mit Hilfe einiger Freunde eine juristische Verteidigung vorbereitet, die 1621 tatsächlich zur Freilassung seiner Mutter führte. Sie verstarb ein halbes Jahr später an den Folgen der Haft. Ulinka Rublack bettet diese Ereignisse in das historische Geschehen der Zeit, die soziologische Struktur Leonbergs, die zu dieser Eskalation führen konnte und die konfessionellen Konflikte, die sich schließlich im Dreißigjährigen Krieg entluden. Sie beschreibt die Situation alter Frauen, die Maßnahmen, die zur Verfolgung vermeintlicher Hexen ergriffen wurden und die juristischen Argumente, die für und gegen eine solche Verfolgung angeführt wurden. Die Biografien der beteiligten Personen werden ausgeleuchtet, ihre Verbindungen analysiert, Einflussmöglichkeiten vorgestellt. Das alles ergibt ein nachvollziehbares Bild der Ereignisse und fügt der Biografie Johannes Keplers weitere Facetten hinzu. Ulinka Rublack lehrt Europäische Geschichte der frühen Neuzeit in Cambridge und hat für dieses Buch Einblick in die Gerichtsakten und örtliche Dokumente nehmen können. Sie wurde dafür mit dem "Preis des Historischen Kollegs" ausgezeichnet. ---------------------------- 12. Dezember 2023 |
|||||
Gelesen : Weiteres : Impressum |