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Dr. Samuel Jean Pozzi (1846-1918) war ein bedeutender französischer Chirurg, Gynäkologe, Politiker und Kunstsammler. Er studierte Medizin an der Universität von Paris und spezialisierte sich zunächst auf Bauchchirurgie. Seine größten Verdienste erwarb er jedoch in der Gynäkologie: Nachdem Barnes dieses Porträt gesehen hatte, begann er sich für die Person des Dr. Pozzi zu interessieren. Daraus entstanden ist ein Netz von Personen und Ereignissen, von Beziehungen und Abschweifungen, das nicht nur das Leben und die Person des Dr. Pozzi erhellt, sondern auch einen tiefgründigen Blick auf die Epoche wirft, in der er lebte. Dr. Pozzi war nicht nur ein gefeierter Arzt, sondern auch ein prominentes Mitglied der Pariser Gesellschaft, das mit Künstlern, Schriftstellern und Politikern verkehrte. Barnes' Erzählung ist keine traditionelle Biografie, sondern ein komplexes Mosaik, das Elemente aus Pozzis Privatleben, seinen medizinischen Errungenschaften und seinen Kontakten mit den kulturellen Größen seiner Zeit miteinander verknüpft. Eine Fülle von erhellenden Abschweifungen, Themen und Personen betreffend, widersprechen sicher allem, was man in einem creative writing Kurs zu hören bekommt, für dieses Buch sind sie allerdings von elementarer Bedeutung, um uns die Atmosphäre seiner Zeit und die Vielschichtigkeit der Persönlichkeit Dr. Pozzis näherzubringen. Immer wiederkehrend die Figur des Jean Des Esseintes aus Joris-Karl Huysmans "À rebours", mit der Barnes einer zentralen Figur – Robert de Montesquiou (1855-1921) – im Umfeld Pozzis Konturen verleiht, er unterzieht den Roman aber auch einer literarischen Analyse. Die langjährige Beziehung, die Pozzi zu Sarah Bernhardt pflegte, verliert sich am Ende in der Suche nach dem Verbleib ihres Beines, das ihr 1915 amputiert worden war. Das klingt skurril und in der Tat gibt es jede Menge skurrile Beobachtungen und Recherchen in diesem Buch. Auch die Hintergründe zu Pozzis Tod, er war von einem seiner Patienten angeschossen worden und starb an den Folgen dieses Attentats, werden mit subtilem Humor dargestellt. Alles in allem: Fans von Julian Barnes werden begeistert sein, und für manch andere wird es nicht die letzte Lektüre des Autors gewesen sein. → Julian Barnes: Dover – Calais. Erzählungen 24. Dezember 2024 |
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